WLAN-Hotspots: EuGH will Haftungsfrage endgültig klären15.09.2016
Seit Juni gehört die sogenannte Störerhaftung der Vergangenheit an. Doch Kritiker klagen noch immer über Unklarheiten bei der Frage nach der Verantwortlichkeiten im Falle einer Rechtsverletzung. Nun will der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Entscheidung fällen, die „weitgehende Konsequenzen“ haben dürfte.
Luxemburg – Der Europäische Gerichtshof will am Donnerstag (15. September) mehr Klarheit in einen seit sechs Jahren verhandelten Fall des Münchner Landgerichts bringen. Kann der Betreiber eines öffentlichen Hotspots für Urheberrechtsverletzungen belangt werden, die nicht er selbst begangen hat? Die rechtlichen Grundlagen sollen nun auf europäischer Ebene geklärt werden. Dabei geht es um mehr als um einen Einzelfall.
Worum geht es in der Verhandlung vor dem EuGH?
Konkret geht es um die Frage, ob Gewerbetreibende, die einen öffentlichen WLAN-Hotspot anbieten, für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden können, die sie selbst nicht begangen haben – nach der sogenannten Störerhaftung.
Warum beschäftigt sich der EuGH damit?
Das Landgericht München hat den Luxemburger Richtern in einem laufenden Verfahren eine konkrete Frage vorgelegt: Widerspricht die mögliche Störerhaftung nach deutschem Recht der europäischen E-Commerce-Richtlinie? Da es dabei um die Auslegung von EU-Recht geht, muss das der EuGH klären.
Was ist die Vorgeschichte?
In München hatte der Musikkonzern Sony den Betreiber eines Geschäfts für Licht- und Tontechnik abgemahnt. Über dessen freien WLAN-Hotspot soll ein Album der Gruppe „Wir sind Helden“ zum kostenlosen Download angeboten worden sein, lautet der Vorwurf. Der betroffene Geschäftsmann Tobias McFadden, zugleich Netzaktivist und Mitglied der Piratenpartei, zog wiederum gegen Sony mit einer negativen Feststellungsklage vor Gericht. Das Landgericht geht davon aus, dass McFadden den Urheberrechtsverstoß nicht selbst begangen hat. Es soll nun geklärt werden, ob der Mann haftbar gemacht werden kann, weil er seinen WLAN-Hotspot nicht gegen illegale Downloads gesichert hat.
Wie stehen die Aussichten?
Im März hatte der EuGH-Generalanwalt Maciej Szpunar bereits seine Stellungnahme veröffentlicht. Er schloss in seinem Gutachten aus, dass Gewerbetreibende, die offene Netze anbieten, für den Missbrauch durch Dritte haften. Weitreichende Auflagen zum Schutz der Hotspots gegen Missbrauch hält Szpunar zudem für unzulässig. Der Geschäftsmann McFadden wertete die Stellungnahme als „wichtigen Zwischenerfolg“. Der EuGH orientiert sich für seine Entscheidungen häufig an den Gutachten.
Gilt die Störerhaftung denn für Hotspot-Betreiber noch?
Eigentlich nicht. Nach sechs Jahren Dauerstreit um die Störerhaftung passierte im Juni das entsprechend veränderte Telemediengesetz auch den Bundesrat. In der Neufassung soll es auch für private Betreiber öffentlicher Hotspots mehr Rechtssicherheit geben und die Verbreitung solcher Netze in Deutschland befördert werden. Denn vielfach wurde beklagt, dass sich Betreiber öffentlicher Hotspots stets in einer rechtlichen Grauzone befänden.
Welche Auswirkungen könnte dann das aktuelle EuGH-Urteil haben?
Kritiker der Telemedien-Novelle bemängelten auch zuletzt, dass es die Gefahr von Abmahnungen und Schadenersatzansprüchen nicht völlig ausräume. Denn entsprechende Passagen sind nicht in den Gesetzestext aufgenommen, sondern nur als Fußnote angefügt worden. Der von Sony verklagte McFadden erwartet, dass das EuGH-Urteil „weitgehende Konsequenzen“ haben und die gerade verabschiedete Novelle des Telemediengesetzes „keinen Bestand“ haben werde. „Eine Verbesserung anhand genauer Vorgaben aus Luxemburg wäre wünschenswert“, sagte McFadden kurz vor dem Urteil.
Mehr über die Abschaffung der Störerhaftung erfahren Neugierige im folgenden Video:
Quelle: YouTube/Kanzlei WBS
Text: dpa/pvg
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